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Wiedersehen

Skistar trifft Hebamme

Vreni Schneider

Vreni Schneider im Gespräch mit Martina Bisig

Als Leitende Hebamme im Kantonsspital Glarus ist Martina Bisig mit ihrem Team bei den meisten Geburten im Glarnerland dabei. Bereits während ihrer Ausbildung zur Pflegefachfrau war sie im direkten Kontakt mit Neugeborenen und deren stolzen Eltern. Eine davon war die Schweizer Skirennfahrerin Vreni Schneider. Sie brachte 2004 im KSGL ihren ersten Sohn Florian zur Welt. 15 Jahre später begegnen sich die beiden Frauen wieder – im Kantonsspital Glarus.

Martina Bisig: Vreni Schneider, Sie haben Florian und Flavio im Kantonsspital Glarus zur Welt gebracht. Ein emotionales und besonders Ereignis. Woran erinnern Sie sich am meisten, wenn Sie an die Geburten Ihrer Jungs denken?

Vreni Schneider: Florian, der Ältere, kam am 12. April zur Welt. Es war ein Ostermontag und der letzte Skitag im Elmer Skigebiet – ein Tag wie im Bilderbuch. Oben perfekte Schneeverhältnisse zum Skifahren, unten bereits Frühling. Ich kann mich noch gut erinnern, wie die Hebamme sagte: «Einen schöneren Tag, um auf die Welt zu kommen, kann man sich nicht aussuchen.» Wie mir gesagt wurde, waren Sie damals als Pflegefachfrau in Ausbildung auf der Wochenbettabteilung tätig. Da haben Sie inzwischen sicher viele Neugeborene gesehen. Können Sie sich auch noch an den Tag erinnern, an dem Florian geboren wurde?

Martina Bisig: Ja, an die Geburt von Florian und Ihre Zeit im Wochenbett kann ich mich noch sehr gut erinnern. Es war damals für mich schon ein bisschen speziell. Am Tag der Geburt hatte ich zwar frei, aber dann durfte ich Sie und Florian in den ersten Tagen nach der Geburt begleiten. Ich hätte nicht gedacht, dass das schon 15 Jahre her ist. Die Zeit vergeht so schnell. Nun bin ich wieder am Kantonsspital Glarus. Nach meiner Ausbildung zur Pflegefachfrau absolvierte ich noch die Ausbildung zur Hebamme und nun bin ich als Leitende Hebamme zurückgekommen.

Vreni Schneider: Vor jungen Menschen, die so viel Herzblut in ihren Beruf stecken, sich weiterentwickeln und schliesslich eine grosse Verantwortung übernehmen, habe ich grossen Respekt. Damals habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht, aber heute frage ich mich schon: Wie bereitet sich die Gebärabteilung auf die Geburt eines Kindes von prominenten Eltern vor?

Martina Bisig: (überlegt) Wie wir uns vorbereiten? Die Gebärabteilung ist immer auf die Geburt eines Kindes vorbereitet – auf jedes Kind, das kommen möchte. Genau dafür sind wir da – für die Geburt eines Kindes. (lächelt)

Hatten Sie als prominenente Persönlichkeit besondere Wünsche und Erwartungen an Ihren Spitalaufenthalt?

Vreni Schneider: Diskretion im üblichen Rahmen habe ich sehr geschätzt. Das Team der Gebär- und Wochenbettabteilung im KSGL hat jederzeit professionell gehandelt. Als die Schweizer Illustrierte (SI) über die Geburt von Florian berichten wollte, lief der Kontakt zur SI immer über die Mitarbeitenden. Dass dann Florian auf der Titelseite mit noch geschlossenen Äuglein der Leserschaft entgegen lächelte, war unsere Entscheidung. War diese Präsenz der Medien für Sie im Spital eher aussergewöhnlich?

Martina Bisig: (lächelt) Klar, ich kann mich noch gut an die Situation mit der SI erinnern. Dies ist natürlich überhaupt nicht alltäglich für uns, das war schon sehr aussergewöhnlich. Die SI meldet sich ja nicht einfach so bei uns. Diskretion dagegen ist für uns nichts Aussergewöhnliches und immer ein grosses und wichtiges Thema. Ein Neugeborenes macht viele Menschen «gwundrig». Unser Personal ist immer wieder aufs Neue gefordert, die Eltern und das Kind vor der Neugier zu schützen. Steht eine Person in der Öffentlichkeit ist die Neugier noch stärker. Dann sind die Mitarbeitenden noch mehr gefordert, und bei indiskreten Fragen ihre Schweigepflicht zu wahren.

Wie war es denn für Sie als prominente Person im Spital zu sein? Hatten die behandelnden Fachpersonen Berührungsängste?

Vreni Schneider: Oh nein, ganz und gar nicht. Der Umgang mit mir war für die Mitarbeitenden nichts Besonderes – und darüber bin ich froh. Seit den Geburten von Florian und Flavio habe ich noch öfters Kontakt mit dem KSGL gehabt, als Patientin oder Angehörige. Die Mitarbeitenden – vom Empfang bis zu den Ärzten – sind immer so nett, es gibt viel Wärme und Herzblut in diesem Haus. Es ist fantastisch zu wissen, dass alle Patienten so behandelt werden und die Mitarbeitenden bei mir keine Ausnahme machen. Wie schaffen Sie das?

Martina Bisig: Das ist Fachkompetenz. Egal welche Hintergründe die Frauen bei uns haben. Es ist mir wichtig, dass in der direkten Betreuung keine Unterschiede gemacht werden. Eine gewisse Unsicherheit bei der Erstbegegnung kann man nicht immer ganz verbergen und das ist ein Stück weit ja auch normal. Doch darauf muss die Fachkompetenz wieder im Vordergrund stehen.

Im Gespräch

Martina Bisig ist dipl. Hebamme FH und dipl. Pflegefachfrau HF. Die Ausbildung zur Pflegefachfrau absolvierte sie an der Pflegeschule Glarus. Anschliessend war sie am BGS in Chur und schloss dort die Ausbildung zur Hebamme erfolgreich ab. Durch die Akademisierung des Hebammenberufes holte sie den Bachelor nach und studiert nun im ersten Studiengang der Schweiz den Master of Science in Midwifery. Damit wird sie eine der ersten Hebammen mit einem wissenschaftlichen Master in Geburtshilfe sein. Die Geburtshilfe evidenzbasiert und bedarfsgerecht weiterentwickeln zu können, liegt ihr sehr am Herzen. Neben ihrer Tätigkeit als Leiterin der Familienabteilung und dem Studium bleibt kaum Freizeit. Dennoch ist es ihr wichtig, wenn immer möglich Zeit mit ihren Freunden und ihren sechs Patenkindern zu verbringen.

Vreni Schneider ist dreifache Weltmeisterin in den Disziplinen Riesenslalom und Slalom. An Olympischen Spielen gewann die ehemalige Skirennfahrerin insgesamt 5 Medaillen – davon 3 mal Gold. Heute leitet Sie gemeinsam mit ihrem Mann eine eigene Skischule in Elm, wo sie auch wohnt. Ihre beiden Söhne kamen im Kantonsspital Glarus auf die Welt.


Wie haben sich denn andere Patienten Ihnen gegenüber verhalten? Hatten Sie genügend Raum für sich und Ihre Privatsphäre?

Vreni Schneider: Ja, auf jeden Fall. Ich hatte so tolle Begegnungen auf der Wochenbettabteilung und konnte mich auch zurückziehen, wenn ich wollte. Niemand ist mir zu nahegekommen. Ich kann mir aber vorstellen, dass es auf der Station durchaus Konflikte unter den Müttern gibt, wenn die Distanz nicht gewahrt wird. Wie verhalten Sie sich in solchen Situationen?

Martina Bisig: Ja, das mit der Distanz ist manchmal schon sehr anspruchsvoll. Das hängt mit dieser bereits erwähnten Neugierde von Menschen zusammen. Wenn die Privatsphäre gegenseitig nicht gewahrt wird und fremde Geburtsgeschichten – womöglich ausgeschmückt und verändert – weitererzählt werden, ist das für alle Beteiligten schwierig und führt im Team immer wieder zu Diskussionen. Man darf nicht alles glauben, was man hört! Es müssen immer mehrere Aspekte berücksichtigt werden. Und weil Unbeteiligte oft nicht alle diese Aspekte kennen, haben die kursierenden Geschichten wenig mit der Wahrheit zu tun. So sensibilisiere ich die Mütter und meine Mitarbeiterinnen, nicht voreilig alles zu glauben oder Geschichten zu verbreiten, bei denen sie nicht direkt beteiligt waren. Doch wie Sie gesagt haben, überwiegen die tollen Begegnungen unter den Müttern – das ist dann auch das Schöne.

Nun habe ich noch eine letzte Frage: Wie wichtig ist Ihnen die Nähe eines Spitals?

Vreni Schneider: Wir sind dankbar, dass wir ein so gutes Spital in unserer Nähe haben. Ich habe mich im Kontakt mit dem KSGL immer gut aufgehoben gefühlt. Das hat mein Vertrauen in dieses Spital weiter gestärkt.

Martina Bisig: So schön, das freut mich. Danke für das Gespräch.

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