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Gefässchirurgie

Optimale Patientenbetreuung dank Kooperation

Gefässchirurgie

Gian-Reto Jörg und Urs Derungs

In der Medizin ist ein konstanter Fortschritt nur durch eine offene Diskussionskultur und mit fachlichem Austausch unter Kolleginnen und Kollegen möglich. Demokratisch abrufbares Wissen in einem föderalistisch organisierten Gesundheitswesen bildet sich nicht nur an Fachkongressen, sondern auch in der interdisziplinären Zusammenarbeit – auch über die Kantonsgrenze hinaus. In der Gefässchirurgie arbeitet das Kantonsspital Glarus eng mit dem Partnerspital, dem Kantonsspital Graubünden (KSGR), zusammen: Die hiesige Abteilung stützt sich auf eine umfassende Diagnostik der Fachspezialisten für Gefässerkrankungen (Angiologie) aus dem KSGR, um in Glarus gezielt eingreifen zu können. Diese überkantonale Zusammenarbeit zeigt, dass Kostenüberlegungen eine hohe medizinische Leistung nicht ausschliessen müssen.

Urs Derungs: Zwischen unseren Arbeitsorten liegen knapp 42 Kilometer Luftdistanz – der Fahrtweg ist natürlich etwas länger. Seit meinem Arbeitsbeginn in Glarus im Mai 2013, also fast 6 Jahren, besteht eine intensive Zusammenarbeit zwischen der Angiologie am KSGR und der Gefässchirurgie des KSGL. Früher waren unsere Sprechstunden der Gefässchirurgie und Angiologie räumlich und zeitlich getrennt. Seit Juli 2017 führen wir sie gemeinsam durch: Zunächst schaust du dir die Patienten aus angiologischer Perspektive an, und direkt im Anschluss kommen sie zu mir für eine weitere gefäss-chirurgische Beurteilung. Sicherlich funktioniert diese interdisziplinäre Zusammenarbeit so reibungslos, weil wir uns fachlich und zwischenmenschlich sehr gut verstehen. Mit kurzen Absprachen treffen wir an beiden Standorten problemlos die notwendigen Abklärungen und veranlassen zeitnah die Eingriffe. Mit «externen Zugängen» ins System des jeweils anderen Spitals (Berichte, Bilder usw.), Telefonaten und regem E-Mail-Verkehr sichern wir den Informationsaustausch und unkomplizierte Zuweisungen.

Gian-Reto Jörg: Das sehe ich auch so. Seit April 2012 führe ich die angiologische Sprechstunde im Kantonsspital Glarus durch. Glarner Patienten mit einem Gefässleiden können so die spezialärztliche Diagnostik direkt vor Ort in Anspruch nehmen, was vor allem für ältere und weniger mobile Patienten ein grosser Vorteil ist. Durch deine Zuweisungen haben die angiologischen Abklärungen deutlich zugenommen und so haben wir unsere Sprechstunden zusammengeführt. Das Resultat: eine moderne gefässchirurgisch-angiologische Sprechstunde.

Urs Derungs: Der direkte Zugriff auf Bilder, Berichte und Abklärungsresultate hilft enorm. Insbesondere bei der Planung von Eingriffen, Sprechstunden und bei Notfallkonsultationen. Damit sparen wir Zeit und somit Geld. Grundsätzlich bin ich überzeugt, dass Kooperationen zwischen Spitälern und Spezialisten für beide Seiten sinnvoll und insbesondere für die Patienten von Vorteil sind. Einerseits kann das «kleinere» Spital sein Leistungsspektrum erhöhen und Patienten im eigenen Haus abklären und therapieren, andererseits kann das «grosse» Haus von den Zuweisungen bei komplexeren Fällen profitieren.

Gian-Reto Jörg: Genau. Von unserer fachlichen Zusammenarbeit, die auf einer kollegialen und vertrauensvollen Beziehung basiert, profitieren primär die Patienten. Es stärkt aber auch die Position unserer Spitäler auf dem Gebiet der Gefässerkrankungen im gesamtschweizerischen Wettbewerb.

Gian-Reto Jörg: Für den Patienten ist die Diagnostik bei einem kompetenten und sympathischen Arzt in seinem gewohnten Umfeld wichtig, um seine Krankheit zu verstehen und das nötige Vertrauen in die Fachmedizin aufbauen zu können. Wie reagieren die Patienten im Kantonsspital Glarus, wenn Ihr sie nach Chur überweist?

Urs Derungs: Grundsätzlich sind die Patienten gegenüber einer Zuweisung nach Chur offen und positiv eingestellt (90%), sei es für eine Abklärung oder eine Therapie. Schwierig wird es manchmal, wenn die Patienten kaum mobil oder betagt sind. Wir versuchen grundsätzlich unsere Patienten auch in Glarus abzuklären und zu therapieren, soweit dies im Rahmen der Möglichkeiten liegt. Bei komplexen Fällen ist eine Zuweisung nach Chur manchmal unumgänglich: Wenn dies den Patienten offen kommuniziert wird, besteht selten ein Problem. Patienten legen bei operativen Eingriffen Wert darauf, dass ich die Operation im KSGR selber durchführe – weil sie mich kennen. Viele Patienten sind erleichtert, wenn sie nicht die «lange Reise» nach Zürich antreten müssen.
Es gibt ja auch Patienten, die Ihr uns zur operativen Therapie nach Glarus zuweist. In der Regel sind dies Patienten, die hier in der Region wohnen und durch euch abgeklärt wurden.

Gian-Reto Jörg: Ja. Die Zuweisungen der Glarner Patienten zur angiologischen Abklärung kommen einerseits vor allem von dir und anderseits von Glarner Spitalärzten, Hausärzten oder niedergelassenen Spezialisten. Eine zeitnahe Untersuchung ist in Chur immer möglich. Benötigen die Glarner Patienten danach einen kathetertechnischen Eingriff, findet dieser in der Regel in Chur statt. Operationen erfolgen jedoch, wenn immer möglich, durch dich im Kantonsspital Glarus.

Urs Derungs: Nochmals zurück zum Kostenthema: Sich stetig verändernde Rahmenbedingungen in der Medizin haben einen erheblichen Einfluss auf unsere Arbeit. Dies darf jedoch nicht zu Qualitäts-einbussen führen. Im Zentrum steht immer das Wohlbefinden des Patienten. Deswegen streben wir in unserer täglichen Arbeit Kosteneinsparungen ohne Patientennachteil an. Zum Beispiel ist heutzutage üblich, dass der Patient am OP-Tag eintritt, um den Aufenthalt im Spital zu verkürzen. Sämtliche Vorabklärungen, inklusive Anästhesie, werden vorgängig ambulant durchgeführt. Ambulante, gefässchirurgische Operationen sind aufgrund der Komplexität der Eingriffe und unter Berücksichtigung der oftmals vorhandenen Komorbiditäten (Zusatzerkrankungen) nicht möglich.

Gian-Reto Jörg: Aktuell werden immer mehr medizinische Leistungen ambulant erbracht. Für unsere elektiven, kathetertechnischen Eingriffe ist in der Regel ein kurzer, stationärer Aufenthalt nötig. Dringliche Patienten werden im Kantonsspital Glarus, wenn immer möglich, ambulant versorgt.

Im Gespräch

Dr. med. Urs Derungs ist Leitender Arzt Chirurgie und Gefässchirurgie. Er studierte von 1991 – 1997 Medizin an der Universität in Bern. Nach Stationen im Bezirksspital Jegenstorf/BE (1998 – 1999), im Kantonsspital Graubünden (1999 – 2008) und im Inselspital in Bern (2008 – 2013) ist er seit Mai 2013 im Kantonsspital Glarus tätig. Urs Derungs lebt mit seiner Familie in Glarus. Seine Freizeit verbringt er mit Laufsport, Lesen, zudem interessiert er sich für Geschichte. Sein beruflicher Werdegang wurde von sehr vielen Militärdiensttagen begleitet (Major a.D.).

Dr. med. Gian-Reto Jörg ist Leitender Arzt Angiologie am Kantonsspital Graubünden in Chur – dem Partnerspital des KSGL. Das Medizinstudium absolvierte er an der Universität Basel; die angiologische Ausbildung in Chur, an der Universitätsklinik in Zürich und in Olten. Seit 2009 ist er als Angiologe im Kantonsspital Graubünden angestellt. Gian-Reto Jörg lebt mit seiner Frau in Chur und geniesst in seiner Freizeit die Natur in Graubünden.

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