Grundversorgung auch für die Jüngsten
Nicolas Huber und Uwe Hofmann
Mit der im Juni 2018 eröffneten Kinderarztpraxis am Kantonsspital Glarus entstand eine eigenständige Anlaufstelle für die medizinische Betreuung von Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahren. Damit wird eine Unterversorgung für die jüngsten Glarnerinnen und Glarner vehindert, die nach der Schliessung der Kinderarztpraxis von Hansueli Zweifel in Glarus drohte.
Dr. med. Nicolas Huber, Hausarzt in Oberurnen, und Dr. med. Uwe Hofmann, Kinderarzt am KSGL, schauen auf die ersten Monate nach der Eröffnung zurück.
Nicolas Huber: Herr Hoffmann, Sie sind ins Glarnerland gezogen, um die Kinderarztpraxis am Kantonsspital zu eröffnen. Sind Sie gut gestartet?
Uwe Hofmann: Ja, mein Start war sehr gut. Die Spital-Mitarbeitenden haben mich sofort in die «Familie» aufgenommen. Die Eltern haben mich herzlich empfangen. Heute noch sagen sie mir, wie froh sie sind, wieder einen Kinderarzt in Glarus zu haben. Das Vertrauen der Eltern ist vorhanden, und sie kommen gerne zu uns. Die Patientenzahlen nehmen stetig zu, wir haben weiterhin Kapazitäten und müssen keine Patienten abweisen. Die Medizinischen Praxisassistentinnen (MPA) ermöglichen bei dringenden Fällen einen Termin noch am gleichen Tag – spätestens am Folgetag. Das alles stimmt mich sehr froh und macht mich zuversichtlich für die nächsten Jahre. Die Eröffnung unserer Kinderarztpraxis entstand aus einer umsichtigen Planung des Kantons. Wie schätzen Sie die verbesserte Grundversorgung ein – können wir am Spital den erhofften Beitrag dazu leisten?
Nicolas Huber: Ich bin erleichtert, dass das Kantonsspital die pädiatrische Grundversorgung unterstützt. Verschiedene Versuche von Glarner Ärzten, die Lücke in der pädiatrischen Versorgung zu schliessen, waren erfolglos. Der allgemeine Fachkräftemangel, die geografische Lage und die traditionell geführten Praxen im Kanton führten wohl in der Kombination dazu, dass die Nachfolgeregelung scheiterte. Für Glarus und Glarus Süd mit einer tieferen Versorgungsdichte ist die neue Kinderarztpraxis auf jeden Fall eine Verbesserung. In Oberurnen (Glarus Nord) habe ich nicht sehr viel gespürt. Ich betreue relativ viele Neugeborene. Wie viele Kinder aus Glarus Nord nach der Geburt in die Praxis im KSGL gehen, weiss ich natürlich nicht.
Uwe Hofmann: Spürten Sie bei den Eltern auch eine gewisse Erleichterung, dass die Grundversorgung nun für die Jüngsten im Kanton erhalten bleibt?
Nicolas Huber: Als Arzt nicht, eher als Bewohner des Kantons Glarus. Die Kinderarztpraxis am Kantonsspital hat einen eigenen Eingang und funktioniert grundsätzlich autark. Gibt es dennoch Synergien mit dem «eigentlichen» Spital, die Ihre Arbeit entlastet?
Uwe Hofmann: Die Möglichkeit der Zusammenarbeit hat mich bewogen, aus einer Kinderarztpraxis in Aarau in diese Praxis zu wechseln. Dabei kommen mir meine Ausbildung und die jahrelangen Erfahrungen auf einer Kinderstation und Frühgeborenen-Intensivstation zu Gute. Auf der Wochenstation führe ich die Entlassungsuntersuchungen der Neugeborenen durch. Dabei lerne ich bereits deren Eltern kennen, bevor sie später in die Kinderarztpraxis zur Untersuchung kommen. Muss eine Geburt operativ durchgeführt werden oder sind Komplikationen zu erwarten, werde ich unterstützend hinzugezogen, um schnell Hilfe zu leisten. Sind die Kinder stabil, ist keine Verlegung mit ihren Müttern auf die Neonatologie in Chur erforderlich. Dadurch sind die Kollegen in Chur entlastet. Mit ihnen besteht seit Jahren eine enge und gute Zusammenarbeit. Sie vertreten mich auch während des Wochenendes und meiner Ferien. Durch die Zusammenarbeit mit dem Spital sind notwendige Diagnostiken wie Röntgen, MRI, EKG, EEG und Labor zeitnah möglich. Belegbetten in der medizinischen Klinik erlauben es mir, Kinder ab vier Jahren über Nacht zu beobachten und zu behandeln.
Nicolas Huber: Das ist ein beeindruckender Aktionsradius. Seit einigen Monaten arbeiten wir nun zusammen – quasi im gleichen Versorgungsgebiet. Was wünschen Sie sich für unsere Zusammenarbeit?
Uwe Hofmann: Ich wünsche mir weiterhin eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation bei kinderspezifischen Fragestellungen mit allen Hausärzten, der Lungenliga, den Physio- und Ergotherapeuten, in besonderen Fällen auch mit der KESB und den Spezialisten am Kantonsspital Chur.
Ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, um mich für die gute Zusammenarbeit und gegenseitige Wertschätzung zu bedanken.
Nicolas Huber: Das ist ein schöner Schlusspunkt. Ich freue mich auf unsere weiterhin gute Zusammenarbeit – für unsere jüngsten Glarnerinnen und Glarner.
Im Gespräch
Dr. med. Uwe Hofmann ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in der Kinderarztpraxis am Kantonsspital Glarus. Er studierte Medizin an der Humboldt-Universität in Berlin. Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern und lebt seit der Praxiseröffnung in Näfels. Sein Hobby sind Papageien – insbesondere Aras.
Dr. med. Nicolas Huber ist Facharzt für allgemeine Innere Medizin und führt seit 2005 in Oberurnen eine eigene Hausarztpraxis, wo er auch wohnt. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
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